Corona und die Betriebsratsrechte

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16.03.2020 Durch die Coronakrise sind Betriebsräte gefordert, die Rechte der Beschäftigten zu sichern. Aber was ist denn mit den Rechten der Betriebsräte selbst?

Angesichts des Coronavirus (Covid-19) könnten Arbeitgeber versucht sein, die Arbeit von Betriebsräten dadurch zu behindern, dass diese wegen der Seuchengefahr nicht mehr tagen oder nicht mehr mit den Mitarbeitern in Kontakt treten sollen und dass Dienstreisen des Betriebsrats zu anderen Standorten verboten werden. Dazu sagt der Arbeitsrechtler:

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Hausrecht in seinem Betrieb und die Direktionsbefugnis gegenüber den Arbeitnehmern. Er kann also anordnen, dass aus Sicherheitsgründen für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr gearbeitet wird oder, sofern möglich, nur noch von zu Hause aus (Home Office). Insoweit ist es dem Betriebsrat gem. § 77 Abs. 1, S. 2 BetrVG untersagt, durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebes einzugreifen, etwa dadurch, dass er Anordnungen des Arbeitgebers widerruft oder an dessen Stelle den Beschäftigten Weisungen erteilt.

Etwas anderes gilt aber für die Betriebsratsarbeit selbst: Nach § 78 BetrVG dürfen Betriebsräte in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Eine der oben geschilderten Weisungen des Arbeitgebers ist nur insoweit möglich, als er überhaupt weisungsbefugt ist. Betriebsratsarbeit und damit auch die Entscheidung über eine für die Betriebsratstätigkeit erforderliche Sitzung mit Kolleginnen und Kollegen, eine Dienstreise oder auch Seminarteilnahme unterliegt diesem Weisungsrecht allerdings nicht. Somit verbleibt die Entscheidung über eine Konferenz, Tagung oder die Teilnahme an einer auswärtigen Schulung grundsätzlich weiterhin beim Betriebsrat. Er entscheidet im eigenen Ermessen. Ergo kann der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht verbieten, mit den Mitarbeitern, gleich an welchem Standort, in Kontakt zu treten oder ihn verpflichten, nur per Videokonferenz, Skype o.ä. zu kommunizieren.

Wie der Betriebsrat seine gesetzlich geschützte Tätigkeit ausübt, entscheidet dieser ganz alleine. Etwas anderes gilt nur, wenn der Gesetzgeber, also das Land oder der Bund, bestimmte Seuchenschutzmaßnahmen beschließt. Diese Gesetzte oder Verordnungen gelten natürlich für alle. Der Arbeitgeber kann allerdings anordnen, dass keine Betriebsrats-Schulungen mehr in seinen Räumen stattfinden, denn bei Inhouse-Schulungen bleibt das Hausrecht des Arbeitgebers bestehen. Sollte dieser anordnen, dass der Referent als externer Dienstleister aus vermeintlichen Sicherheitsgründen den Betrieb bzw. die betrieblichen Räume nicht betreten darf, müsste der Betriebsrat auf Kosten des Arbeitgebers (§ 40 BetrVG) einen anderen Schulungsort anmieten.

Heinrich Jüstel

Eine Information von Rechtsanwalt Heinrich Jüstel, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Würzburg.

Letzte Änderung: 13.03.2020